Ground Zero
Nirgends ist das Gedränge so dicht, wie rund um Ground Zero. Menschenmassen schieben sich durch die Straßen, der Verkehr bricht zusammen. Polizisten versuchen, Ordnung in das Chaos zu bringen.
Ein Feuerwehrauto ist auch da, am Broadway. Nicht für den Ernstfall, sondern für die Touristen. Lächelnd posiert der sympathische Firefighter für die Kameras, nimmt Kinder auf den Arm und lässt sich strahlend von Touristen umringen. Feuerwehrleute sind die Helden der Nation geworden, jeder will ein Foto mit ihnen haben.
Gleich gegenüber am großen Bauzaun reihen sich die Stände der Souvenirhändler aneinander. Hier werden auch Bilder vom World Trade Center verkauft - vor und nach dem 11. September 2001.
"No photos and not videos beyond this point" - Ab hier keine Fotos und keine Videoaufnahmen. So steht es auf den Schildern, die in der Seitenstraße aufgestellt sind, die vom Broadway zum Ground Zero führt. Wen interessiert's? Keinen. Wir nähern uns dem Ort, an dem am 11. September 2001 das Unfassbare geschah.
Ein hoher Bauzaun versperrt die Sicht. Schaulustige versuchen,einen Blick zu erhaschen von der spektakulärsten Baustelle der Welt. Kameras schieben sich durch die Lücken im Bauzaun. Lkws fahren geschäftig aus und ein, transportieren ab, was vom einst höchsten Gebäude der Stadt übrig geblieben ist. Bauarbeiter arbeiten Tag und Nacht, auch an Weihnachten, Sylvester und Neujahr.
Es sieht so aus, als kämen die Touristen in diesem Jahr nur aus einem Grund nach New York - Ground Zero. Katastrophen-Tourismus pur - und wir mitten drin. "Wir tun es für einen guten Zweck", versuchen wir, unsere Anwesenheit an diesem bedrückenden Ort vor uns selbst zu rechtfertigen. Und fühlen uns bescheiden. Bei einem Straßenhändler kaufen wir Solidaritätsschleifen, für uns und für Freunde in Deutschland.
Tiefe Betroffenheit, als wir die ersten Bilder und Blumen entdecken, die an die 3000 Opfer des schrecklichen Terroranschlags erinnern. Und ein ungutes Gefühl, als wir Bilder von Terroropfern fotografieren. Wir brauchen die Bilder, für unsere Benefiz-Diashow am 11. September 2002.
Vom Ground Zero selbst sehen wir nicht viel. Menschen mit Namensschildern werden auf eine Aussichtsplattform geführt. Ich versuche, einem Sicherheitsbeamten zu erklären, dass wir Fotos für eine Diashow zugunsten der Opfer der Terroranschläge machen, zeige ihm unsere Visitenkarte und eine Eintrittskarte. "Nur für Angehörige !" Wir beneiden die Menschen nicht, denen ein näherer Blick auf Ground Zero gewährt wird.
Wir sehen auch so genug. We will always remember.
An einer der vielen Gedenkstätten legen auch wir etwas nieder.